Was es heisst, jemandem zuzuhören
"Jeder Mensch hat beim Zuhören seine eigene Ideen und Ansichten oder Einstellungen als Hintergrund. Es kommt also häufig vor, dass man mit seiner eigenen, eben anderen Denkweise bereits ein Urteil gefällt hat.
Beim gegenseitigen Gespräch kommt es darauf an zuzuhören. Es ist ein Zuhören von der Basis aus. Mit der Haltung zuhören, dass man den anderen genauestens verstehen will. Aus welcher Stimmung heraus sagt er etwas.
Deshalb auch gegenüber den Behauptungen anderer mit einer aufrichtigen Zuhörerhaltung zuhören: "Was will er wirklich sagen?
- Sagt er es eigensinnig? Du wiederholst es immer wieder! Was willst Du mir sagen? Sagst Du es schon wieder, weil Du glaubst, ich habe es nicht verstanden?" -
Nicht mit so einer kritischen Haltung, sondern mit der Wunsch, sich in das Herz, in die Neigung, in den Willen das Anderen hineinspüren wollen zuhören.
- "Es ist doch nicht so". "Es ist anders als Du es sagst"! -
Wenn solches immer wieder in Dein Denken kommt und Du darüber nachdenkst und genau untersuchst, so ist es bestimmt die Zuhörerseite, die nicht aufrichtig und unbefangen zuhören will, was der Andere sagen möchte. Und es hat den Anschein, als würde der Andere etwas Falsches sagen.
Deshalb kommt es vor, dass man mit seiner eigenen, eben anderen Denkweise schon ein Urteil gefällt hat.
Es kann ja sein, dass der Andere sich in einer Tatsache irrt.
Es ist nicht dieser Sachverhalt, den ich meine, auch nicht die Frage, aus welchem Gefühl heraus sagt er das?
Zuhören ist ein Zuhören mit der Haltung: "ich möchte dieses Gefühl des Anderen kennen lernen".
Wenn z.B. jemand über irgend etwas enttäuscht ist und in seiner Qual Sachen erzählt, die dem gesunden Menschenverstand nicht entsprechen, unvernünftigen und unmöglichen Quatsch, wenn er rücksichtslos und wild ist, spüre ich denn da nicht, dass es wohl sehr wichtig ist, mich zunächst einmal in sein Gefühl hineinversetzen zu wollen: "warum sagt er solche unerhörten Dinge?, bevor ich sie ihm vorwerfe?
Wenn ich mit einem Vorwurfgefühl hinschaue, ist das der Beweis, dass ich im Grunde meines Herzens, das Herz des anderen nicht spüren möchte, nicht wirklich zugehört habe.
Wenn ich ihm in diesem Moment Vernunft predige und ihn ermahne, dann kommt meine Vernunft bestenfalls nicht durch bei den Ohren des Herzens des Anderen.
Bevor ich ihm Vorwürfe mache geht es wohl darum, dass ich selbst in einen Ich - Zustand komme, in dem ich zuhören will und in dem ich dann zuhören kann und in dem ich seine wahre Absicht spüren können will.
Deshalb geht es darum, ein Mensch zu werden, der mit dem Anderen reden kann, der mit dem anderen ein gegenseitiges Gespräch machen können will.
Es ist eine Denkweise, die mit dem Willen handelt, gegenseitig sich zu unterstützen und sich und alles voranzubringen.
Durch Menschen, die zuhören und miteinander reden wollen und versuchen, sich zu verstehen, wird es möglich, über sich selbst zu sprechen.
Die Grundlage des gegenseitigen Gesprächs ist also das gegenseitige Zuhören. In dem Masse, in dem wir fähig werden zuzuhören, werden wir auch in der Lage sein, miteinander zu reden und sich zu verstehen und das Ganze und die Gesellschaft vorwärts bringen.